Schreib- und Illustrationswerkstatt der jugendkunstschule flur1
„In einer Werkstatt geht es geräuschvoll zu. Es wird gehämmert, gebohrt, geschweißt, gesägt, gelötet. Alles ist laut und unruhig. Staub wirbelt. Nichts steht still. Etwas fällt herunter. Jemand flucht. Ein anderer lacht. In den Krach hinein brüllt jemand Wortfetzen. Maschinen kreischen. Lärm und Gestank.
In einer Schreibwerkstatt für Landeier ist es still wie in einem Brutkasten. Man hört lediglichdas zarte Kratzen einer Feder. Mehr nicht. Die Köpfe sind konzentriert versunken über dem Papier. Der Werkstattleiter geht auf Zehenspitzen herum und passt auf, dass niemand über den Rand schreibt. Dann fallen die Eier nämlich herunter und zermatschen. Er selbst darf nämlich nicht träumen. Leider. Zack, fliegt ihm ein Ei an den Kopf. Das passiert dem besten Werkstattleiter. Dann steht er da und weiß nicht, was er machen soll, weil alle lachen und keiner schreibt. Wörter schleudern herum wie Teebeutel, Kekse krümeln von der Werkstattdecke, die Geschichten segeln als Papierflieger aus dem Fenster. Das ist lustig, aber so kann man nicht schreiben.
Schreiben, das lernt man in einer Schreibwerkstatt, ist nämlich Arbeit. Arbeit kann auch lustig sein. Klar. Wer eine lustige Geschichte liest, ahnt allerdings nicht, welche Mühe der Autor beim Schreiben vielleicht hatte. Manchmal ist schreiben nämlich beschwerlich.
Das kann man in einer Schreibwerkstatt auch lernen. Denn der Weg, den die Geschichte
im Kopf über den Arm nimmt, bis sie aus der Feder in der Hand als Tinte auf das Papier fließt, ist ein weit verzweigter. Ein Weg, auf dem vieles von dem, was man im Kopf zu haben glaubte, bevor
man mit dem Schreiben anfing, verloren gehen kann.
Ein erstaunlicher Vorgang. Man blickt ungläubig auf das Papier und findet von der Geschichte im Kopf
manchmal nur die Hälfte wieder. Plötzlich, mit Buchstaben geschmückt, sieht die Geschichte anders aus, als
man sie eben noch im Kopf hatte...“